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Dr. Jekyll und Mr. Hyde im Interzonenzug
Sa 09 Nov 2019, 14:42
Moin moin,
Aus aktuellem Anlass hier eine Begebenheit, die ich vor rund 10 Jahren schon im alten Forum geschildert habe. Der Text hat alle Computer-Abstürze überlebt...
„Im August 1973 machte ich mit meiner Frau einen Besuch bei Verwandten in der DDR. Mit dem neuen Auto mochte ich nicht über die Grenze fahren; ich wollte nicht ausprobieren, ob die zahlreichen Berichte über Kontrollen der Volkspolizei auch wirklich den Tatsachen entsprechen. So blieb der Wagen in Braunschweig bei meinem Bruder stehen. Die Reise wurde also mit dem „Interzonenzug“ fortgesetzt. Zu meiner Freude konnte ich im Braunschweiger Bahnhof einen mit einer T3 bespannten Oldtimer-Zug und auch noch einen VT 12 knipsen.
Kurz vor dem „eisernen Vorhang“ schoss ich im Zug ein Bild von meiner Frau im superkurzen Minirock (wir waren frisch verheiratet und hatten das Abteil für uns alleine...).
In Oebisfelde war dann Schluss mit lustig. Die DDR- „Grenzorgane“ stiegen ein: Fahrkartenkontrolle, Passkontrolle, Mindestumtausch, Visa-Gebühren, Zollkontrolle!
Für die lange Fahrt hatten wir uns etwas zum Lesen mitgenommen. Bestens informiert, welche „Druckerzeugnisse“ nicht eingeführt werden durften („...deren Inhalt gegen die Erhaltung des Friedens gerichtet ist oder deren Einfuhr in anderer Weise den Interessen des sozialistischen Staates und seiner Bürger widerspricht...“), hatte ich vorsorglich anerkannte Weltliteratur ausgewählt: Für meine Frau „Schloss Gripsholm“ von Kurt Tucholsky und für mich ein paar Kurzgeschichten von Robert Louis Stevenson, u.A. eben auch die berühmte Story von „Dr. Jekyll und Mr. Hyde“.
Der Grenzer sah beide Bücher auf dem Fensterbrett liegen, nahm sie und fing an zu blättern. Irgendetwas erregte sein Misstrauen, so das er uns aufforderte die Koffer zu öffnen. Bald waren alle sechs Sitze im Abteil mit unseren Habseligkeiten und den Mitbringseln für die Verwandtschaft belegt! Meine Frau konnte ihren Unmut kaum zügeln! Aber ich hatte die „Erklärung über mitgeführte Gegenstände und Zahlungsmittel“ selbstverständlich korrekt ausgefüllt und so gab es Nichts zu beanstanden.
Der Zöllner nahm noch einmal die Bücher zur Hand. Doktor Jekyll erschien ihm äußerst suspekt, auch mit Tucholsky konnte er offensichtlich Nichts anfangen. Erst als er entdeckte, dass dieses Buch in einer „Volkseigenen“ Druckerei hergestellt worden war, durfte meine Frau das Buch wieder an sich nehmen! Als er dann nach längerem blättern feststellen musste, dass Stevenson Engländer war, fällte er die Entscheidung: „Zurück in die BRD“!
Glücklicherweise meinte er nicht meine Frau und mich, sondern nur Dr. Jekyll und Mr. Hyde! Meine Frau musste aussteigen (sehr widerstrebend!!!), sich zu einem Postschalter im Bahnhofsgebäude durchfragen und das scheinbar den Sozialismus gefährdende Buch an unsere Heimatadresse schicken. Packpapier, Bindfaden und Porto gab´s natürlich nur gegen harte Devisen! Die gerade erhalten DDR-„Aluchips“ wollte die Dame von der Post nicht haben!!! Der Anblick zahlreicher mit Kalaschnikows bewaffneter Posten gab meiner Frau den Rest! Die Weiterfahrt verlief dann recht einsilbig....!
Bei der Rückreise stand auf der Erklärung über mitgeführte Gegenstände und Zahlungsmittel : “In der DDR erhaltene oder durch Kauf erworbene Gegenstände: Modell-Eisenbahnwagen, Anzahl/Menge 6“.
Dr. Jekyll und Mr. Hyde stehen seitdem wieder in einem meiner Bücherschränke. Die amtlichen Grenzdokumente von damals kleben mitsamt den Braunschweiger Fotos und der Reichsbahn-Fahrkarte im Fotoalbum.“
Gruß
Horst
Aus aktuellem Anlass hier eine Begebenheit, die ich vor rund 10 Jahren schon im alten Forum geschildert habe. Der Text hat alle Computer-Abstürze überlebt...
„Im August 1973 machte ich mit meiner Frau einen Besuch bei Verwandten in der DDR. Mit dem neuen Auto mochte ich nicht über die Grenze fahren; ich wollte nicht ausprobieren, ob die zahlreichen Berichte über Kontrollen der Volkspolizei auch wirklich den Tatsachen entsprechen. So blieb der Wagen in Braunschweig bei meinem Bruder stehen. Die Reise wurde also mit dem „Interzonenzug“ fortgesetzt. Zu meiner Freude konnte ich im Braunschweiger Bahnhof einen mit einer T3 bespannten Oldtimer-Zug und auch noch einen VT 12 knipsen.
Kurz vor dem „eisernen Vorhang“ schoss ich im Zug ein Bild von meiner Frau im superkurzen Minirock (wir waren frisch verheiratet und hatten das Abteil für uns alleine...).
In Oebisfelde war dann Schluss mit lustig. Die DDR- „Grenzorgane“ stiegen ein: Fahrkartenkontrolle, Passkontrolle, Mindestumtausch, Visa-Gebühren, Zollkontrolle!
Für die lange Fahrt hatten wir uns etwas zum Lesen mitgenommen. Bestens informiert, welche „Druckerzeugnisse“ nicht eingeführt werden durften („...deren Inhalt gegen die Erhaltung des Friedens gerichtet ist oder deren Einfuhr in anderer Weise den Interessen des sozialistischen Staates und seiner Bürger widerspricht...“), hatte ich vorsorglich anerkannte Weltliteratur ausgewählt: Für meine Frau „Schloss Gripsholm“ von Kurt Tucholsky und für mich ein paar Kurzgeschichten von Robert Louis Stevenson, u.A. eben auch die berühmte Story von „Dr. Jekyll und Mr. Hyde“.
Der Grenzer sah beide Bücher auf dem Fensterbrett liegen, nahm sie und fing an zu blättern. Irgendetwas erregte sein Misstrauen, so das er uns aufforderte die Koffer zu öffnen. Bald waren alle sechs Sitze im Abteil mit unseren Habseligkeiten und den Mitbringseln für die Verwandtschaft belegt! Meine Frau konnte ihren Unmut kaum zügeln! Aber ich hatte die „Erklärung über mitgeführte Gegenstände und Zahlungsmittel“ selbstverständlich korrekt ausgefüllt und so gab es Nichts zu beanstanden.
Der Zöllner nahm noch einmal die Bücher zur Hand. Doktor Jekyll erschien ihm äußerst suspekt, auch mit Tucholsky konnte er offensichtlich Nichts anfangen. Erst als er entdeckte, dass dieses Buch in einer „Volkseigenen“ Druckerei hergestellt worden war, durfte meine Frau das Buch wieder an sich nehmen! Als er dann nach längerem blättern feststellen musste, dass Stevenson Engländer war, fällte er die Entscheidung: „Zurück in die BRD“!
Glücklicherweise meinte er nicht meine Frau und mich, sondern nur Dr. Jekyll und Mr. Hyde! Meine Frau musste aussteigen (sehr widerstrebend!!!), sich zu einem Postschalter im Bahnhofsgebäude durchfragen und das scheinbar den Sozialismus gefährdende Buch an unsere Heimatadresse schicken. Packpapier, Bindfaden und Porto gab´s natürlich nur gegen harte Devisen! Die gerade erhalten DDR-„Aluchips“ wollte die Dame von der Post nicht haben!!! Der Anblick zahlreicher mit Kalaschnikows bewaffneter Posten gab meiner Frau den Rest! Die Weiterfahrt verlief dann recht einsilbig....!
Bei der Rückreise stand auf der Erklärung über mitgeführte Gegenstände und Zahlungsmittel : “In der DDR erhaltene oder durch Kauf erworbene Gegenstände: Modell-Eisenbahnwagen, Anzahl/Menge 6“.
Dr. Jekyll und Mr. Hyde stehen seitdem wieder in einem meiner Bücherschränke. Die amtlichen Grenzdokumente von damals kleben mitsamt den Braunschweiger Fotos und der Reichsbahn-Fahrkarte im Fotoalbum.“
Gruß
Horst
Dr. Jekyl und Mr. Hyde im Interzonenzug
Sa 09 Nov 2019, 18:53
Moin Horst !
Heute kann man darüber lachen, aber damals, wenn man selbst betroffen war?, Scheusslich.
Eine Geschichte beider deutschen Staaten, die zum nachdenken anregt. Passend zum Datum.
Bestimmt hast Du es nur vergessen!, das Bild von Deiner Frau.
Ich bin überzeugt, das werden auch noch ,, andere ,, an Dich schreiben.
Nun mach es gut. Gruß Gerhard.
Heute kann man darüber lachen, aber damals, wenn man selbst betroffen war?, Scheusslich.
Eine Geschichte beider deutschen Staaten, die zum nachdenken anregt. Passend zum Datum.
Bestimmt hast Du es nur vergessen!, das Bild von Deiner Frau.
Ich bin überzeugt, das werden auch noch ,, andere ,, an Dich schreiben.
Nun mach es gut. Gruß Gerhard.
- DKEV
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Re: Dr. Jekyll und Mr. Hyde im Interzonenzug
Sa 09 Nov 2019, 20:53
Moin Horst,
Ich fuhr 1988 das 1. Mal zu meiner Großtante Else nach Gommern bei Magdeburg in die DDR von Hamburg mit dem Interzonenzug über Büchen und Schwanheide.
Bis Büchen war die Fahrt wie immer mit D-Zügen, es ging recht flott und ohne Zwischenhalt. Die Doppeltraktion der BR 218 brachte den Zug gut auf Touren von 120 Km/h.
In Büchen war Lokwechsel und es kamen Zöllner und BGS (heutige Bundespolizei) Beamte durch. Wer nen Reisepaß hatte durfte weiterfahren.
Die BGS Beamten und die Zöllner stiegen wieder aus als die ostdeutsche Ludmille BR 134 vor dem Zug ankoppelte.
DR Personal stiegein und fertigte den Zug ab.
Es ging dann im gemächlichen Tempo von etwa 40 Km/h weiter nach Schwanheide.
Grenzzäune und immer unruhiger werdende Omas und Opas zitterten auf ihren Sitzen.
Nein, zu kalt war es nicht.
Wir hielten am Bahnsteig ringsherum lauter hohe Zäune mit Stacheldraht. Grenzer mit Schäferhunden und Maschinenpistolen patroullierten außen am Zug.
Dann riß ein Grenzbeamter die Abteiltüre auf und verlangte die Reisepässe und frargte mich dann: Ist das Ihre erste Reise in die Deutsche Demokratische Republik?
Ich entgegnete mit ja.
Dann bekomme ich bitte 15 DM als Einreisegebühr, denken Sie bitte daran sich bei der Ortspolizei anzumelden, das könben Sie aber auch am Montag noch machen, das da Sie ja heute am Freitag erst ankommen.
Ich bezahlte die 15 DM und bekam die wohl teuerste Briefmarke in den Paß geklebt mit dem Aufdruck 15 M ... welch ein Beschiß.
Dann kam die Grenzerin mit den Stempeln und fragte wieviel Geld ich umtauschen möchte? Sie gab mir den Tip erst einmal nur für 5 Tage umzutauschen, das ginge später noch bei der Staatsbank in Magdeburg.
In meine Koffer wollte keiner reinsehen. Im Nachbarabteil wurden alle Reisenden aus dem Zug geführt und die mußten Alle in die Holzbaracke am Bahnsteig und der Zug fuhr dann bis hinter den Grenzzaun in den eigentlichen Bahnhof Schwanheide. Erneuter Lokwechsel und diesmal eine BR 01 und es ging mit Volldampf weiter. Mit nur 4 Stunden Verspätung fuhr der Zug in Magdeburg ein.
LG Ingo
Ich fuhr 1988 das 1. Mal zu meiner Großtante Else nach Gommern bei Magdeburg in die DDR von Hamburg mit dem Interzonenzug über Büchen und Schwanheide.
Bis Büchen war die Fahrt wie immer mit D-Zügen, es ging recht flott und ohne Zwischenhalt. Die Doppeltraktion der BR 218 brachte den Zug gut auf Touren von 120 Km/h.
In Büchen war Lokwechsel und es kamen Zöllner und BGS (heutige Bundespolizei) Beamte durch. Wer nen Reisepaß hatte durfte weiterfahren.
Die BGS Beamten und die Zöllner stiegen wieder aus als die ostdeutsche Ludmille BR 134 vor dem Zug ankoppelte.
DR Personal stiegein und fertigte den Zug ab.
Es ging dann im gemächlichen Tempo von etwa 40 Km/h weiter nach Schwanheide.
Grenzzäune und immer unruhiger werdende Omas und Opas zitterten auf ihren Sitzen.
Nein, zu kalt war es nicht.
Wir hielten am Bahnsteig ringsherum lauter hohe Zäune mit Stacheldraht. Grenzer mit Schäferhunden und Maschinenpistolen patroullierten außen am Zug.
Dann riß ein Grenzbeamter die Abteiltüre auf und verlangte die Reisepässe und frargte mich dann: Ist das Ihre erste Reise in die Deutsche Demokratische Republik?
Ich entgegnete mit ja.
Dann bekomme ich bitte 15 DM als Einreisegebühr, denken Sie bitte daran sich bei der Ortspolizei anzumelden, das könben Sie aber auch am Montag noch machen, das da Sie ja heute am Freitag erst ankommen.
Ich bezahlte die 15 DM und bekam die wohl teuerste Briefmarke in den Paß geklebt mit dem Aufdruck 15 M ... welch ein Beschiß.
Dann kam die Grenzerin mit den Stempeln und fragte wieviel Geld ich umtauschen möchte? Sie gab mir den Tip erst einmal nur für 5 Tage umzutauschen, das ginge später noch bei der Staatsbank in Magdeburg.
In meine Koffer wollte keiner reinsehen. Im Nachbarabteil wurden alle Reisenden aus dem Zug geführt und die mußten Alle in die Holzbaracke am Bahnsteig und der Zug fuhr dann bis hinter den Grenzzaun in den eigentlichen Bahnhof Schwanheide. Erneuter Lokwechsel und diesmal eine BR 01 und es ging mit Volldampf weiter. Mit nur 4 Stunden Verspätung fuhr der Zug in Magdeburg ein.
LG Ingo
- Trainspotter
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Re: Dr. Jekyll und Mr. Hyde im Interzonenzug
Sa 09 Nov 2019, 21:04
Hallo Horst
Der heutige Feiertag regt schon zum nachdenken an. Besonders für mich, für den die DDR seit 1976 bis zum Mauerfall regelmässig ein Reiseziel war. Über meine diesbezüglichen Erlebnisse könnte ich locker ein Buch schreiben. Selbst den Knast in Bautzen durfte ich von innen kennenlernen.
Nun, das ist glücklicherweise Geschichte. Die Wiedervereinigung ist nun 30 Jahre her.
Wirklich? Wiedervereinigung?
Nun ist die Mauer schon länger gefallen, als sie je existiert hat, doch die Wiedervereinigung Deutschlands hat bis heute nicht stattgefunden.
Noch heute spricht man von den neuen Bundesländern, anstatt von Deutschland, noch immer weigern sich westliche Firmen in Ostdeutschland zu investieren, um den Menschen, die da leben, eine Möglichkeit zu bieten, im Lande zu bleiben zu können, und ein Auskommen zu haben. Man holt lieber die Arbeitskräfte aus dem Osten in den Westen, und überlässt den Osten seinem Schicksal, und wundert sich dann, dass dort rebelliert wird, und sich unerwünschte Organisationen bilden, die immer Zulauf kriegen.
Mit Gruss Bernhard
Der heutige Feiertag regt schon zum nachdenken an. Besonders für mich, für den die DDR seit 1976 bis zum Mauerfall regelmässig ein Reiseziel war. Über meine diesbezüglichen Erlebnisse könnte ich locker ein Buch schreiben. Selbst den Knast in Bautzen durfte ich von innen kennenlernen.
Nun, das ist glücklicherweise Geschichte. Die Wiedervereinigung ist nun 30 Jahre her.
Wirklich? Wiedervereinigung?
Nun ist die Mauer schon länger gefallen, als sie je existiert hat, doch die Wiedervereinigung Deutschlands hat bis heute nicht stattgefunden.
Noch heute spricht man von den neuen Bundesländern, anstatt von Deutschland, noch immer weigern sich westliche Firmen in Ostdeutschland zu investieren, um den Menschen, die da leben, eine Möglichkeit zu bieten, im Lande zu bleiben zu können, und ein Auskommen zu haben. Man holt lieber die Arbeitskräfte aus dem Osten in den Westen, und überlässt den Osten seinem Schicksal, und wundert sich dann, dass dort rebelliert wird, und sich unerwünschte Organisationen bilden, die immer Zulauf kriegen.
Mit Gruss Bernhard
- stefan66_1
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Re: Dr. Jekyll und Mr. Hyde im Interzonenzug
Sa 09 Nov 2019, 23:04
Hallo Bernhard,
leider ist das, was Du im letzten Absatz geschrieben hast, richtig. Ich will den Teufel nicht an die Wand malen, ich glaube aber, es wird noch schlimmer.
Es hat sich sehr viel positiv entwickelt, aber die Grundstimmung wird nicht wirklich viel besser. Das sieht man ja leider auch an Wahlergebnissen.
Aber die Hoffnung stirbt zuletzt!
Grüße,
stefan 65
leider ist das, was Du im letzten Absatz geschrieben hast, richtig. Ich will den Teufel nicht an die Wand malen, ich glaube aber, es wird noch schlimmer.
Es hat sich sehr viel positiv entwickelt, aber die Grundstimmung wird nicht wirklich viel besser. Das sieht man ja leider auch an Wahlergebnissen.
Aber die Hoffnung stirbt zuletzt!
Grüße,
stefan 65
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Re: Dr. Jekyll und Mr. Hyde im Interzonenzug
So 10 Nov 2019, 11:46
Moin moin,
@ Gerhard, das Bild mit dem Minirock habe ich vorsichtshalber nicht eingestellt; wegen Verletzung der Persönlichkeitsrechte würde meine Frau mich womöglich vor den Kadi zerren; sie kann sehr unbarmherzig sein…
@ Ingo, Bernhard und Stefan, bei allen Dingen, die nach der Wiedervereinigung schiefgelaufen sind (und das waren recht viele) - und immer noch schief laufen - bekomme ich beim Betrachten der Fernsehberichte vom 9. November 89 immer noch eine Gänsehaut.
Nachdem Schabowski seinen Zettel vorgelesen hatte, habe ich zu meiner Frau gesagt: „Das ist die Wiedervereinigung!“. So kam es dann ja auch. Und das ist gut so!
Die Teilung ging ja nicht nur durch die Fläche, sondern durch ganze Familien! Darüber, was das bedeutet, könnte ich auch ein Buch schreiben!
Einen friedlichen Sonntag wünscht Euch
Horst
@ Gerhard, das Bild mit dem Minirock habe ich vorsichtshalber nicht eingestellt; wegen Verletzung der Persönlichkeitsrechte würde meine Frau mich womöglich vor den Kadi zerren; sie kann sehr unbarmherzig sein…
@ Ingo, Bernhard und Stefan, bei allen Dingen, die nach der Wiedervereinigung schiefgelaufen sind (und das waren recht viele) - und immer noch schief laufen - bekomme ich beim Betrachten der Fernsehberichte vom 9. November 89 immer noch eine Gänsehaut.
Nachdem Schabowski seinen Zettel vorgelesen hatte, habe ich zu meiner Frau gesagt: „Das ist die Wiedervereinigung!“. So kam es dann ja auch. Und das ist gut so!
Die Teilung ging ja nicht nur durch die Fläche, sondern durch ganze Familien! Darüber, was das bedeutet, könnte ich auch ein Buch schreiben!
Einen friedlichen Sonntag wünscht Euch
Horst
- DKEV
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Re: Dr. Jekyll und Mr. Hyde im Interzonenzug
So 10 Nov 2019, 13:25
Moin Kollegen,
obwohl ich seit 1984 in Schleswig-Holstein zu Hause bin wwrde ich für die hier geborenen, einheimischen Zeitlebens immer nur der "Zugereiste" bleiben aber egal und einen Flughafen auf dem nichts läuft, so wie es eigentlich soll, den gibts in Lübeck aber auch, da braucht man nicht bis zur Bundeshauptstadt reisen.
Vor der Wende litt Schleswig-Holstein ins Besondere Lübeck, wegen der nahen Zonengrenze, als nicht förderungsfähig was Verkehrsinfrastruktur bei der Bahn anbetraf.
Das nördlichste Bundesland Deutschland galt lange Zeit als rückständig und sehr provinziell und eigenartig...doch dann kam die sogenannte "Wiedervereinigung" und siehe da die fünf "Neuen Bundesländer" waren ja noch rückständiger als zuvor Schleswig-Holstein.
Wenn ich so mal zurückdenke, in Bargteheide, wo ich vorher 33 Jahre lang wohnte, da gab's zwei Häuser in unserer Straße, die erst recht spät an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen wurden, also unseres und das der Nachbarn. Letzteres blieb bis zum Abriß im Jahr 2000 für die dort ansässigen Mieter ohne fließend Wasser und ohne Abwasseranschluß. Wollte wer eine Verbesserung der Infrastruktur, stieß er bei der Vermieterin auf "taube Ohren".
Als ich nach der "Wiedervereinigung" bei der Bahn eine Lehre beginnen wollte, schickte man mich von einer Bahndirektion zur Nächsten, bis ich in Halle/Saale landete.
Ich glaubte schon nicht mehr an einer Einstellung und war ganz baff, als ich die Bewerbungsunterlagen einreichen sollte:
handgeschriebener ausführlicher Lebenslauf in deutscher Schreibschrift, tabellarischer Lebenslauf mit Schreibmaschine getipt und 2 Paßbildern und Anschreiben.
Das mit der deutschen (nicht lateinischen) Schreibschrift, nahm ich wörtlich, ich hatte diese ja noch bis zur 4. Klasse gelernt.
Ich machte dann die Bewerbung fertig und schickte die dort zur Bahndirektion.
Nach einer Woche kam per Einschreiben ein Brief mit einer Freifahrkarte der Deutschen Reichsbahn 1. Kl. und der Aufforderung, mich erst nach dem Telefonat auf den Weg zu machen.
Oma gab mir Bescheid die Bundesbahn hätte angerufen ich müßte sofort los. Oma war schon etwas tütelig.
Ich kam dann nach Halle/Saale und sollte mich erst in der Direktion unddann in der Berliner Str. 16 beim BW-Halle G in der Kaderabteilung bei Frau dé Bohr melden.
Also ab zur Straßenbahn aber zuvor noch im Hbf Tramfahrscheine gekauft.
Ich kam dann in die Kaderabteilung, mußte aber am Tresen warten. Es war wohl Lohntag und viele Kollegen bevölkerten den Flur.
Da kam dann Fr. dé Bohr und schnauzte mich an: "In welchem Jahr lebt eigentlich Ihre Oma? Hätte sie gesagt, ach das sind sie aus der DDR hätte ich ja noch Verständnis aber sie sagte, ach das sind Sie aus der Russischen Zone, was geht bei der Frau nicht richtig?"
Ich entschuldigte mich für meine Oma und erklärte ihr von der traumatischen Flucht unter Beschuß ihre Heimat Ostpreußen verlassen zu haben inklusive der Torpedierung des Flüchtlingsschiffes durch die Russen bei der Flucht nach Dänemark im Januar 1945.
Ich durfte dann den Lehrvertrag bei der Deutschen Reichsbahn unterschreiben.
Mir wollte man, weil ich "Wessi" war den doppelten Lehrlingslohn geben, was ich aus Solidarität zu meinen Kollegen aber ablehnte.
Also bekam ich dann auch nur 453 DM Lohn.
LG Ingo
obwohl ich seit 1984 in Schleswig-Holstein zu Hause bin wwrde ich für die hier geborenen, einheimischen Zeitlebens immer nur der "Zugereiste" bleiben aber egal und einen Flughafen auf dem nichts läuft, so wie es eigentlich soll, den gibts in Lübeck aber auch, da braucht man nicht bis zur Bundeshauptstadt reisen.
Vor der Wende litt Schleswig-Holstein ins Besondere Lübeck, wegen der nahen Zonengrenze, als nicht förderungsfähig was Verkehrsinfrastruktur bei der Bahn anbetraf.
Das nördlichste Bundesland Deutschland galt lange Zeit als rückständig und sehr provinziell und eigenartig...doch dann kam die sogenannte "Wiedervereinigung" und siehe da die fünf "Neuen Bundesländer" waren ja noch rückständiger als zuvor Schleswig-Holstein.
Wenn ich so mal zurückdenke, in Bargteheide, wo ich vorher 33 Jahre lang wohnte, da gab's zwei Häuser in unserer Straße, die erst recht spät an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen wurden, also unseres und das der Nachbarn. Letzteres blieb bis zum Abriß im Jahr 2000 für die dort ansässigen Mieter ohne fließend Wasser und ohne Abwasseranschluß. Wollte wer eine Verbesserung der Infrastruktur, stieß er bei der Vermieterin auf "taube Ohren".
Als ich nach der "Wiedervereinigung" bei der Bahn eine Lehre beginnen wollte, schickte man mich von einer Bahndirektion zur Nächsten, bis ich in Halle/Saale landete.
Ich glaubte schon nicht mehr an einer Einstellung und war ganz baff, als ich die Bewerbungsunterlagen einreichen sollte:
handgeschriebener ausführlicher Lebenslauf in deutscher Schreibschrift, tabellarischer Lebenslauf mit Schreibmaschine getipt und 2 Paßbildern und Anschreiben.
Das mit der deutschen (nicht lateinischen) Schreibschrift, nahm ich wörtlich, ich hatte diese ja noch bis zur 4. Klasse gelernt.
Ich machte dann die Bewerbung fertig und schickte die dort zur Bahndirektion.
Nach einer Woche kam per Einschreiben ein Brief mit einer Freifahrkarte der Deutschen Reichsbahn 1. Kl. und der Aufforderung, mich erst nach dem Telefonat auf den Weg zu machen.
Oma gab mir Bescheid die Bundesbahn hätte angerufen ich müßte sofort los. Oma war schon etwas tütelig.
Ich kam dann nach Halle/Saale und sollte mich erst in der Direktion unddann in der Berliner Str. 16 beim BW-Halle G in der Kaderabteilung bei Frau dé Bohr melden.
Also ab zur Straßenbahn aber zuvor noch im Hbf Tramfahrscheine gekauft.
Ich kam dann in die Kaderabteilung, mußte aber am Tresen warten. Es war wohl Lohntag und viele Kollegen bevölkerten den Flur.
Da kam dann Fr. dé Bohr und schnauzte mich an: "In welchem Jahr lebt eigentlich Ihre Oma? Hätte sie gesagt, ach das sind sie aus der DDR hätte ich ja noch Verständnis aber sie sagte, ach das sind Sie aus der Russischen Zone, was geht bei der Frau nicht richtig?"
Ich entschuldigte mich für meine Oma und erklärte ihr von der traumatischen Flucht unter Beschuß ihre Heimat Ostpreußen verlassen zu haben inklusive der Torpedierung des Flüchtlingsschiffes durch die Russen bei der Flucht nach Dänemark im Januar 1945.
Ich durfte dann den Lehrvertrag bei der Deutschen Reichsbahn unterschreiben.
Mir wollte man, weil ich "Wessi" war den doppelten Lehrlingslohn geben, was ich aus Solidarität zu meinen Kollegen aber ablehnte.
Also bekam ich dann auch nur 453 DM Lohn.
LG Ingo
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