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Wenn einer eine Reise tut ... Empty Wenn einer eine Reise tut ...

Mi 20 Jul 2022, 15:06
Wenn einer eine Reise tut, dann kann er viel erzählen!

Ein Bericht aus meiner persönlichen Sichtweise zum Zustand der Bahn im Jahr 2022.

Unser Chef hat zu einer Sommerparty in Bocholt eingeladen. Anreise mit dem Zug mit Übernachtung in Bocholt. Eigentlich war eine normale Bahnfahrt mit Umsteigen in Stuttgart und Duisburg bzw. Düsseldorf und Stuttgart geplant. Die Hinfahrt über Mainz durchs schöne Rheintal und die Rückfahrt auf schnellstem Weg über die NBS.

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Man beachte die großzügig bemessenen Umsteigezeiten!

Aber es kam ganz anders!

1. Abfahrt 9:01 Uhr in Lorch.
Unsere kleine Reisegruppe mit 16 Personen war rechtzeitig versammelt, um den MEX 13, also den Regionalzug nach Stuttgart Hbf, zu nehmen.
Aber an der Anzeigetafel konnte man das nahende Unheil schon erahnen: „Halt entfällt in Waiblingen, Stuttgart-Bad Cannstatt, Stuttgart Hbf“. Auf Deutsch hat das bedeutet, dass der Zug nur bis Schorndorf fährt. Der Grund: „Reparatur an der Strecke. Zwischen Aalen Hbf und Stuttgart Hbf kommt es derzeit zu Verspätungen und Zugausfällen.“ Also in Schorndorf umsteigen in die S2 nach Stuttgart. Zum Umsteigen blieben uns gerade mal 3 Minuten und prompt haben wir eine Person im Tumult verloren.

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Flirt der Go-Ahead verlässt Lorch auf der Linie MEX13 in Richtung Stuttgart

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Schorndorf ist Endpunkt der S2 und Umsteigebahnhof

2. Umsteigen in Stuttgart
Ankunft der S-Bahn in Stuttgart Hbf tief, vielleicht einige Minuten nach Plan. Die ursprünglich geplante Umsteigezeit von 29 Minuten am Kopfbahnhof war natürlich nicht mehr möglich, es blieben noch ca. 10 Minuten, um von der S-Bahn Station an die Bahnsteige zu gelangen. Jetzt muss man wissen, dass durch die Großbaustelle Stuttgart 21, die direkten Wege zu den Bahnsteigen nicht mehr möglich sind. Man muss also lange Wege in Kauf nehmen, um in die Reste der alten Bahnhofshalle zu gelangen. Auf dem Marsch dorthin ist der verlorene Mitreisende wieder zu uns gestoßen, gerade als wir an den überdachten Weg auf der Südseite gelangten. Er ließ sich mit dem Auto nach Stuttgart fahren und hatte Glück, dass die Straße frei war. Langsam wurde die Zeit knapp.

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Die zurzeit gültige Wegeführung  für den Zugang zu den Bahnsteigen.

3. Abfahrt in Stuttgart  10:08 Uhr mit IC 1916 an Gleis 7.
Unsere Gruppe hat sich etwas in die Länge gezogen, da nicht alle gut zu Fuß waren und schnell laufen konnten. Gleis 7 liegt natürlich in der Mitte der Halle und somit hatten wir den längsten möglichen Weg. Und oh Schreck, dort angekommen, es war schon nach 10:08, stand auf der Anzeigetafel bereits der nächste Zug angeschrieben. Am Gleis war aber noch ein IC und eine kurze Frage beim Servicepersonal am Zugende bestätigte, dass der Zug noch nicht abgefahren war. Alle konnten noch einsteigen und mit etwa 5 Minuten Verspätung ging es los. Die Reise im IC verlief fast normal. Halte in Mannheim und Worms entfielen, ein Wagen war zu wenig angehängt, in einem Wagen funktionierte die Klimaanlage nicht und im Bordbistro war das Bier alle. Der Zug erreichte über eine andere Strecke Mainz und die Verspätung wurde größer.

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Eine der schönsten Bahnstrecken in Deutschland entlang des Rheins zwischen Mainz und Koblenz.

4. Umsteigen in Duisburg
Geplante Ankunft des IC 14:27 Uhr am Gleis 10. Weiterfahrt mit RE19 der VIA ab 14:44 Uhr, also genügend Zeit. Aber es blieben nur wenige Minuten um durch die Unterführung an Gleis 9 zu kommen. Fast wäre wieder eine Person zurückgeblieben. Die Regionalbahn hatte aber ebenfalls etwas Verspätung und so konnten wir alle in den Zug einsteigen. Der Zug war 2-teilig und die Linie der RE19 teilt sich in Wesel. Der vordere Teil fährt weiter nach Arnheim und der hintere Teil fährt auf die Stichbahn nach Bocholt. Wir saßen natürlich im falschen Zugteil und so mussten wir in Wesel aussteigen, um in den anderen Zug zu gelangen. Nahezu pünktlich erreichten wir Bocholt, wo wir bereits erwartet wurden.

Zwischenakt:
Die Party war toll und ließ uns die aufregende Hinfahrt schnell vergessen. Am nächsten Tag traf sich unsere Gruppe etwas verkatert rechtzeitig am Bahnhof in Bocholt.

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Die Partylocation

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Rathaus Bocholt

5. Abfahrt 11:15 Uhr in Bocholt am Gleis 3.
Abgesehen davon, dass es in Bocholt nur ein Gleis gibt, war weit und breit kein Zug in Sicht. Die Anzeigetafel gab nur die aktuelle Uhrzeit preis, auch keine Durchsage. Erst die DB Navigator App gab Auskunft, dass der Zug wegen Personalmangels ausfällt. Also eine Stunde warten bis zur nächsten Abfahrt 12:15 Uhr. Dieser Zug war dann pünktlich und füllte sich rasch. In Wesel dann wieder das Zusammenkoppeln mit dem Arnheimer Zugteil und Weiterfahrt in Richtung Düsseldorf. Die geplanten Anschlüsse waren nun aber geplatzt und der Reiseplan musste geändert werden.

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Ein Flirt der VIAS ist soeben in Bocholt eingefahren und steht für die Rückfahrt nach Düsseldorf bereit.

6. Umsteigen in Duisburg und Köln
Die Navigator App empfahl als nächste Möglichkeit das Umsteigen in Duisburg in den ICE 1058 nach Köln mit Abfahrt 13:31 Uhr. Reservierte Plätze gab es für uns nicht mehr, aber wir haben alle einen Sitzplatz gefunden, da der Zug nicht so voll war. Der Zug bummelte also in Richtung Köln und wir sollten dort 14:27 Uhr am Gleis 6 ankommen, wo der Zug endete. Weiterfahrt  14:54 Uhr am selben Gleis mit dem ICE 109 nach Basel. Auf Grund der angewachsenen Verspätung führ der ICE aus Duisburg jedoch auf einem anderen Gleis ein. Also wieder hektisches Umsteigen und schauen dass alle beieinander sind. Dieser Zug war nun schon etwas voller und mit geringer Verspätung ging es los.
Im Zug selbst waren mehrere Toiletten abgesperrt und im Restaurant gab es nur Getränke, weil das Essen nicht angeliefert wurde! Immerhin erreichte der ICE3 auf der NBS 300km/h, was aber nicht bedeutete, dass die Verspätung aufgeholt wurde, nein, die Verspätung nahm im weiteren Verlauf der Fahrt zu.

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Einfahrt in Köln Hbf

7. Umsteigen in Mannheim
Ankunft des ICE109 auf Gleis 4. Weiterfahrt mit ICE599 in Richtung München am selben Bahnsteig auf Gleis 5. Der Zug zur Weiterfahrt, Abfahrt 16:30 Uhr hat auf unseren Zug gewartet. Der Zug war eigentlich schon voll besetzt aber viele Reisende mussten noch um- und einsteigen. Bis alle eingestiegen und verteilt waren, verging wieder einige Zeit bis zur Abfahrt. Das Servicepersonal war inzwischen auch schon etwas genervt und nicht mehr ganz so freundlich. Fahrkartenkontrollen gab es praktisch nicht mehr und auf Durchsagen im Zug wartete man vergeblich. Sitzplätze gab es nicht mehr und so mussten wir uns mit Stehplätzen begnügen.

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Umsteigen in Mannheim Hbf

8. Chaos in Stuttgart
Gut, das Chaos in Stuttgart mit gesperrtem Hauptbahnhof konnte niemand vorhersehen, aber es setzte unserer Reise die Krone auf. Inzwischen haben wir über die DB Navigator App und andere Internet-Quellen erfahren, dass der Hauptbahnhof wegen eines Oberleitungsschadens und daraus resultierenden weiteren massiven Schäden an der Stellwerkstechnik nicht angefahren werden konnte. Die App zeigte uns als nächsten Halt Esslingen an, einem Vorort von Stuttgart. Dazu nutzte der Zug die Güterzugstrecke, auch bekannt als Schusterbahn, von Stuttgart-Zuffenhausen über Stuttgart-Münster nach Stuttgart-Untertürkheim. Wenn ich mich richtig erinnere, kam dann kurz vor Esslingen eine Durchsage, die uns allerdings auch nichts Neues mittelte.

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Die gesperrte Strecken zum Hauptbahnhof

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Auf Twitter konnte man sich informieren.

9. Was tun in Esslingen?
So gegen 17:30 Uhr erreichten wir Esslingen und wir stiegen aus. Im Bahnhof standen mehrere ICEs und ICs und warteten auf die Weiterfahrt. Auf den Bahnsteigen herrschte ein ziemliches Durcheinander. Der S-Bahnsteig war übervoll mit wartenden Reisenden. Mit Lautsprecherdurchsagen wurde empfohlen, die Weiterfahrt nach Stuttgart mit der Stadtbahn oder mit dem Bus vorzunehmen. Weil eine Fahrt nach Stuttgart-Bad Cannstatt und Weiterfahrt nach Schorndorf mit der S-Bahn für uns vielleicht möglich gewesen wäre, aber angesichts der vielen Wartenden für uns nicht in Frage kam, entschieden wir uns, mit der Regionalbahn der Linie MEX16 nach Göppingen und von dort weiter mit dem Bus nach Lorch, zu fahren. Zudem waren die Beeinträchtigungen der Strecke ins Remstal (siehe Punkt 1) wegen Bauarbeiten immer noch im Gange. Zunächst war also der Zug auf Gleis 5 angekündigt, aber das Display wechselte ständig. Zuerst kamen Regionalzüge in Richtung Tübingen, dann fuhr ein IC ein, der das Gleis belegte. Als Fahrtziel wurde tatsächlich Stuttgart Hbf angezeigt. Ob der Zug dort jemals ankam wissen nur die Eisenbahngötter. Plötzlich gab die Anzeigetafel bekannt, dass der Regionalzug der Linie MEX16 nach Geislingen auf Gleis 8 am S-Bahnsteig halten wird. Also wieder alle losrennen, durch die Unterführung hetzen, Treppen hoch und sich durch das Gedränge schieben. Der Zug war schon da, aber durch die vielen Leute, die aus- und einsteigen wollten, konnte der Zug sowieso nicht sofort weiterfahren.

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Gestrandete IC’s in Esslingen

10. Ende der Bahnfahrt in Göppingen
Ob der Zug nach irgendeinem Plan unterwegs war, kann ich nicht mehr nachvollziehen. Auf jeden Fall war er wieder sehr voll. Wir stiegen in Göppingen aus und hatten endlich wieder “festen Boden“ unter den Füßen. Der Bus der Linie X93 Göppingen - Lorch fuhr dann pünktlich 19:22 Uhr los. Der Bus war gut besetzt, weil offensichtlich noch weitere Gestrandete auf diese Idee gekommen sind. Außerdem kann diese Verbindung auch mit dem 9€-Ticket genutzt werden. 19:50 Uhr erreichte der Linienbus schließlich Lorch und unsere Reisegruppe konnte 3 Stunden später als geplant, den Heimweg antreten.

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Flirt der Go-Ahead in Göppingen auf der Linie MEX16 in Richtung Geislingen

Mein Fazit:
Viele der Mitreisenden waren seit Jahren das erste Mal wieder mit der Bahn unterwegs. Keiner von denen steigt mit dieser Erfahrung in den nächsten Jahren freiwillig in einen Zug ein. Nach meiner Beobachtung hat das 9€-Ticket zu gut ausgelasteten Zügen im Regionalverkehr geführt. Dadurch wird oft der Fernverkehr durch verspätete Regionalzüge ausgebremst. Zudem gibt es viele Baustellen und auch Personalmangel, was die Kapazitäten weiter verringert. Eine Verkehrswende mit mehr Verkehr auf der Schiene ist nur mit einer Erhöhung der Kapazitäten möglich und dazu muss investiert werden. Nicht in Prestigeobjekte, sondern in die Infrastruktur und in Fahrzeuge.
Auf Grund der kurzen Umsteigezeiten und der Unsicherheit, wann und wo welche Züge fahren, war leider keine Zeit für bessere Bilder.

Grüße von Axel


Zuletzt von remsbahn am Mi 20 Jul 2022, 17:17 bearbeitet; insgesamt 2-mal bearbeitet

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MeierGerhard52
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Wenn einer eine Reise tut ... Empty Eine Zugfaht, die ist lustig, eine Zugfahrt die ist schön..........

Mi 20 Jul 2022, 15:39
Grüß Dich, Axel !

Das letzte Abenteuer der Menschheit ist die Fahrt mit der Bahn ! Very Happy
Hier hast Du den Beweis.  Für den Oberleitungsschaden können die
Mitarbeiter auch nichts. Am falschen Tag , am falschen Platz, usw. usw.
Aber der andere ,, Oberleitungsschaden ,, der in den höheren Etagen der
Bahn stattfindet, der kostet uns noch einiges.
Nicht nur Geld, sondern auch Zeit, Nerven und Geduld.
Ich bin mir absolut sicher, der ,, kleine ,, Mitarbeiter kann dafür nichts, die
Probleme sind einige Etagen höher gemacht worden.
Leider wird sich da dann auch nicht viel ändern, weil wenn man gut verdient,
klebt man auf seinem Stuhl.      Gruß Gerhard SvD.

Wenn Mitarbeiter abgemahnt werden, weil sie zum Dienst mit dem Zug fahren,
und der bleibt dann liegen, hört doch die Sch.....ße das stinken auf.  Basketball

Der besagte Mitarbeiter ist Zugbegleiter im ICE, und fuhr mit der Gräfenbergbahn
von Gräfenberg nach Nürnberg Nordost.

Aussage vom Chef :  Warum fahren sie nicht mit dem Auto?. Twisted Evil  Abmahnung.

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Wenn einer eine Reise tut ... Empty Re: Wenn einer eine Reise tut ...

Mi 20 Jul 2022, 21:16
Hallo Axel,

Du siehst es gibt sie noch, die zu bestehenden Abenteuer anno 2022.

Obwohl, damals mit den Postkutschen lief's ja auch nicht immer reibungslos.
Rad gebrochen, Kutscher besoffen, Pferd krepiert, Kutscher auch, "Alles aussteigen, Geld oder Leben"......
Soll alles vorgekommen sein.
Aber dazwischen gab's ein paar Jahrzehnte in denen einen die Bahn relativ zuverlässig ans Ziel brachte.
Ein erstrebenswerter Zustand für die Zukunft.

Als Entschädigung hattest Du wenigstens Gelegenheit ein paar schöne Bilder zu machen.
Danke für's Zeigen.

Gruß,
Robert

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