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DKEV
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Weichen zur Länderbahnzeit Empty Weichen zur Länderbahnzeit

Mo 23 Dez 2019, 16:26
Moin Kollegen,

ein Thema, was mir bei Planungen ziemliches Kopfzerbrechen bereitet sind die verwendeten Weichen einzelner Bahngesellschaften in der Länderbahnzeit.

Laut Wikipedia wurde eine Vereinheitlichung der Weichenbauarten erst ab 1931 erzielt und in der Länderbahnzeit "friemelten" viele Bahngesellschaften an eigenen Weichenbauarten herum.

In dem Buch "Der Eisenbahnbau" der Ingenieurswissenschaften von 1892 interessierte man sich seitens der LBE - Lübeck Büchener Eisenbahn sehr für "aufschneidbare" Schleppweichen, wie sie auf der Bahnstrecke Berlin - Dresden verbaut waren.

Des weiteren nimmt der Bereich Weichen in diesem Buch seitenweise Abhandlungen über alle möglichen Weichenbauformen und Weichenarten ein und deren praktischen Vorzüge im Vergleich.

Aus Quellen von DB Lehrmaterialien der DB wird als Einleitung nur ein kurzer Satz erwähnt, daß es wohl vermehrt zu Schienenbrüchen bei spitzbefahrenen Zungenweichen auf abzweigenden Ast gegeben haben soll, was in der Zeit von 1878 bis etwa 1898 viele Bahngesellschaften dazu bewog, die veralteten aber robusteren Schleppweichen wieder zu verwenden, bis das Problem behoben war. Leider fehlen hier nachprüfbare Angaben bei welchen Bahngesellschaften diese Schienenbrüche vorkamen.

Anscheinend machten wohl Geschwindigkeiten von mehr als 10 Km/h und die in jener Zeit stetig ansteigenden Fahrzeuggewichte entsprechende Probleme, beim verlegten Gleismaterial jener Zeit.

Das hilft mir aber auch nicht weiter, ob ich nun mit Zungen- oder Schleppweichen die Gleisplanungen durchführen soll?

Einige Bahnhöfe verwendeten das britische Saxby & Farmer Kaskaden Stellwerksystem für Weichen und Signale, so auch der alte Kölner Bahnhof.

Das Saxby & Farmer System wurde 1857 patentiert und ab mitte der 1860er Jahre auch aufs europäische Festland verkauft und von vielen Städten, in deren Bahnhöfen, zur Anwendung gebracht. Es existiert eine digitalisierte Version des Saxby & Farmer Katalogs von 1878, da wird aber die Verwendung von verschließbaren Zungenweichen angegeben.

Leider fehlen auch hierbei Listen, in welchen Städte und Gemeinden dieses Stellwerkssystem Anwendung fand.

In der Geschichte der Stell- und Sicherungstechnik wird auf das gebräuchlichere Jüdel System aber auch Siemens & Halske, AEG und andere Stellwerksysteme verwiesen die um 1890 oder später das Saxby & Farmer System teilweise oder ganz ablösten.

Das beantwortet aber immer noch nicht die Frage, welche Weichenart oder welche Weichenbauart vorrangig genutzt wurde?

Auch Schleppweichen lassen sich von der Ferne stellen und mit Schubstangen im Stellwerk verriegeln. Bei ortsgestellten Schleppweichen gab es Anfangs ein Verriegelungsproblem, das im Laufe der Zeit aber auch gelöst werden konnte.

Dennoch bleibt die Frage weiterhin offen, welche Bahngesellschaft wegen der Schienenbrüche wieder Schleppweichen verwendeten und wie lange und vor Allem wo?

Schleppweichen sind die früheste Bauform von Weichen und waren in der Anfangszeit der Eisenbahnen ziemlich populär, so auch bei der bayerischen Ludwigsbahn 1835 zwischen Nürnberg und Fürth.

Weichen zur Länderbahnzeit 35592702stSchleppweichen gelten als zungenlose Weichen, wo ein Schleppgleis in die Position der abzweigenden Stränge verschoben wird.

Der Nachteil: --> wird die Weiche stumpf aus einer Richtung befahren, in die sie nicht gestellt ist, führt das unweigerlich zur Entgleisung der Schienenfahrzeuge.

Es gibt zwar mögliche, aufschneidbare Schleppweichen, diese waren aber sehr kompliziert und schon damals sehr teuer.

In späteren Jahren kamen aber auch Zungenweichen zum Einsatz, laut dem Wikipedia Artikel ab 1852 (siehe Link weiter oben).

Bedenkt man nun, daß andere Bahnen ihre Gründung um 1850 und später hatten, wie die Lübeck Büchener Eisenbahn, Eröffnung der ersten Bahnstrecke 1853 nach Büchen, so erscheint die Verwendung von Zungenweichen eher fragwürdig?
Es kann wohl eher davon ausgegangen werden, daß man anfänglich auch Schleppweichen einsetzte.

Die Hamburger Bahn wurde ab 1864 gebaut und 1865 eröffnet eine Zeit, in der Zungenweichen noch nicht so oft verwendet wurden.
Der zweigleisige Ausbau erfolgte von 1873 bis 1875 aber ob damals schon vermehrt Zungenweichen zum Einsatz kamen ist die große Frage, vermutlich ja?

War nun aber auch die LBE von den Schienenbrüchen von spitzbefahrenen Weichen betroffen und wie lösten sie das Problem, sofern es denn bestand?

Ersatzteillisten beantworten meistens Fragen von Sachverhalten, die anderswo selten bis überhaupt nicht erwähnt sind.

Verschleißteile von Weichen und Erstzteile von Fahrzeugen zur Instandsetzung nach Entgleisungen könnten dazu beitragen wie häufig Reperaturen durchgeführt wurden?

Ich muß dahingehend noch Magazin- und Inventarlisten überprüfen, sofern diese noch irgendwo existieren?

Zum Glück meinerseits bin ich der alten deutschen Schreibschrift noch mächtig, diese selber zu schreiben und lesen zu können.

Vieleicht weiß ja jemand von euch etwas zu diesen Themen beizutragen?

vsrsfrnk mag diesen Beitrag

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Weichen zur Länderbahnzeit Empty Re: Weichen zur Länderbahnzeit

Mi 23 Sep 2020, 06:42
Moin Kollegen,

weitere Recherchen zu diesem Thema haben ergeben, daß zunächst preußische Eisenbahn Verwaltungen einen Verein gründeten in dem Techniker und abgesandte von den Verwaltungen über gemeinsame Belange diskutierten.
1844 gegründet wurde dieser Verein einige Jahre später auf alle Wisenbahnverwaltungen in deutschsprachigen Ländern erweitert und der Name wurde in VDEV = Verein Deutscher Eisenbahn Verwaltungen umbenannt. Ihm gehörten Vertreter von 41 Eisenbahn Verwaltungen an, sowie 12 Eisenbahn Verwaltungen aus dem benachbarten Ausland, allerdings ohne Stimmrecht, welche im gegenseitigen Verkehr mit deutschen Bahnen standen.
Kurz nach der Gründungsversammlung gegen Ende der 1840er Jahre wurde ein Verbot von Schleppweichen auf Hauptbahnen erlassen, auf Sekundär- und Lokalbahnen seien diese Weichenbauarten aber noch erlaubt und auf jenen Hauptbahnen, wo noch umfangreiche Tests mit Schleppweichen gemacht werden sollten, wie bei der Magdeburg Leipziger Eisenbahn und bei der Berlin Dresdner Eisenbahn oder anderen Eisenbahnbahnen mit Sondergenehmigung.

Beim Bau der Lübeck Büchener Eisenbahn 1851 und der zuvor ab 1846 erbauten Berlin Hamburger Eisenbahn, setzte man auf Zungenweichen unterschiedlicher Bauarten.

Nahezu jede Eisenbahnverwaltung experimentierte mit eigenen Weichenbauarten herum, ebenso bei der Gestaltung des Gleisoberbaues gab es wesentliche Unterschiede beim verwendeten Schienen-, Schwellen- und Schottermaterial.

Schienen bestanden anfänglich aus Gußeisen, später aus gewaltztem Eisen oder Stahl oder aus einer Kombination aus beiden Materialien, welches als Schweißeisen bekannt wurde.

Es gab unterschiedliche Profilarten von Schienen und Schwellen.

Bei Schwellen wurden die Schienen mit oder ohne Unterlegeeisenplatten oder Unterlegestahlplatten auf den Schwellen befestigt.

Es gab verschiedene Schwellensysteme aus allen möglichen Materialien.

Längs-, Quer- und Einzelschwellen aus Stein, Holz, Eisen und Stahl waren gebräuchlich.

Bei Breitfußschienen war eine Verlaschung an den Stößen meistens nicht möglich, deshalb wurden Schienenstöße auch in Stufenschnitten oder Diagonalschnitten ausgeführt.

Schienen befestigte man mit oder ohne Hakenplatten mit Schrauben, Dübeln oder Hakennägeln aus Eisen oder Stahl auf den Schwellen oder einer Kombination von Schrauben und Hakennägeln.

Schienenstöße wurden oft auf der Schwelle verlascht aber es gab auch Schwebestöße zwischen zwei Schwellen.

Bei der Verlaschung wurden in der Regel drei bis acht Schrauben verwendet und je Schwelle drei bis vier Hakennägel verwendet, bei Schwebestoßverlaschungen gab es eine Einkerbung in der Lasche wo ein Hakennagel einfassen konnte um die Lasche zusätzlich auf der Schwelle zu fixieren.

Gleisstücke waren in der Regel 6 m lang und wurden auf 8 Querschwellen mit 40 Hakennägeln befestigt.

Lediglich bei der Berlin Hamburger Eisenbahn war man 1850 der Meinung Material einzusparen und verlaschte die Schienen mit zwei Schrauben und schlug je Schwelle nur zwei Hakennägel ein.

Weichen zur Länderbahnzeit 39490646bk
Gemeinfreies Bild aus dem Buch von A. Haarmann "Das Eisenbahn Geleise" von 1891

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Gemeinfreies Bild aus dem Buch von A. Haarmann "Das Eisenbahn Geleise" von 1891

Die Lübeck Büchener Eisenbahn wandte wie zuvor die Dänischen Staatsbahnen Stoßbrücken an, um den Verschleiß an den Schienenenden zu minimieren, verlaschte die Gleise aber nur einseitig von außen. Man schlug die Hakennägel bis zum Nagelkopf in die Schwellen ein und auf die Schienen wurden auf der Innenseite des Stoßes mit zwei Hakennägeln fixiert.

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Gemeinfreies Bild aus dem Buch von A. Haarmann "Das Eisenbahn Geleise" von 1891

7 von 41 Bahnverwaltungen in Deutschland waren gegen das vollständige Bedecken der Schwellen mit Schottermaterialien und ließen die Schwellen offen liegen und schotterte diese bis zur Oberkante der Schwellen ein.

Die übrigen Bahnverwaltungen schotterten ihre Gleise nahezu vollständig ein, so daß nur die Schienenköpfe herausragten.

In Preußen ging man dazu über an Stelle des Schotters Kies mit untergemischter Hochofenschlacke zur Bedeckung der Schwellen zu verwenden und alle 6 m seitliche Drainagekanäle zur Wasserableitung in den Entwässerungsgraben neben dem Bahndamm, an den Schienenstößen einzurichten.

Die vollständige Bedeckung der Schwellen hatten den Zweck hölzerne oder eiserne Schwellen, gegen Sonnenlicht und direkten Witterungseinflüssen zu schützen und den natürlichen Verwitterungsprozeß zu verlangsamen.
Holzschwellen wurden damals noch nicht überall imprägniert und Eisenschwellen hielten längst nicht so lang, wie Stahlschwellen.

Schönen Gruß,

Ingo

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Weichen zur Länderbahnzeit Empty Re: Weichen zur Länderbahnzeit

Di 04 Jan 2022, 09:23
Moin Kollegen,

bezüglich der Schleppweichen konnte ich noch weitere Ergebnisse recherchieren.

Im Jahr 1868 kam es zu einem Allgemeinen ,,Weichenerlaß" durch den VDEV = Verein Deutscher Eisenbahn Verwaltungen, dem nahezu alle in deutschsprachigen Ländern, vertretenen Eisenbahn Verwaltungen (spätere Direktionen) angehörten, darunter auch 12 ausländische Eisenbahn Verwaltungen ohne Stimmrecht.

Als deutschsprachige Länder wurden all Regionen hinzugezählt, in denen deutsch die Landessprache ist.
Ab der Reichsgründung 1871 wurden andere deutschsprachige Länder den ausländischen Eisenbahn Verwaltungen zugeordnet, einige verloren dadurch ihr Stimmrecht im VDEV, darunter auch die K.u.K. Monarchie von Österreich–Ungarn, Tirol, die Schweiz und Teile der Niederlanden.

Im ,,Weichenerlaß" von 1868 wurde festgelegt, daß es verboten sei, auf Hauptgleisen, nicht aufschneidbare ,,Ausweichen" zu verwenden.
Dieses betraf überwiegend die Weichenarten der Schleppweichen, sofern sie nicht mit einer Aufschneidvorrichtung versehen waren.

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Gemeinfreie Abbildung einer Aufschneidvorrichtung für Schleppweichen, veröffentlicht im Jahr 1846 im ,,Organ" des VDEV

Diese nachrüstbare Konstruktion ermöglichte es, Schleppweichen, kostengünstig mit einer Aufschneidvorrichtung zu versehen.

Beim Aufschneiden durch den Spurkranz des Rades wird der Weichenhebel mit Umstellgewicht in die andere Endlage bewegt, so daß es zu keiner Entgleisung kommen kann.

Im Gegensatz zu den sogenannten und komplizierteren ,,automatischen" Weichen konnten auch ältere, einfachere Schleppweichen mit diesem nachrüstbaren Mechanismus nachgerüstet werden, ohne die gesamte Schleppweiche ausbauen zu müssen.

In späteren Jahren wurden noch weitere Versuche unternommen, die ,,automatischen" Schleppweichen zu vervollkommnen und zu verbessern, deren Aufschneidmechanismus arbeitete aber oft nicht zuverlässig genug und waren nicht fernstelltauglich.

Schönen Gruß,

Ingo

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